Soll man Verheiratete individuell besteuern? Ja oder nein?
Die Politik will die Individualbesteuerung, um die Heiratsstrafe abzuschaffen. Gegner befürchten ein Bürokratiemonster.
In der Schweiz sorgt die Heiratsstrafe seit 40 Jahren für Diskussionen: Ehepaare, die beide berufstätig sind, zahlen bei der direkten Bundessteuer oft mehr als unverheiratete Paare mit gleichem Einkommen. Eine Volksinitiative der FDP-Frauen und der indirekte Gegenvorschlag des Bundesrats wollen das ändern. Künftig sollen alle Verheirateten individuell besteuert werden. Das ganze Steuersystem würde auf Individualbesteuerung umgestellt.
Wer profitiert?
Laut Bundesrat würden die Steuern für eine deutliche Mehrheit sinken. Vor allem Ehepaare mit ähnlichen Einkommen würden entlastet – darunter viele Doppelverdiener und Rentnerpaare. Der Bundesrat erhofft sich von der Individualbesteuerung auch ein Mittel gegen den Fachkräftemangel.
Wer verliert?
Kritiker warnen vor neuen Ungerechtigkeiten: Besonders traditionelle Einverdiener-Familien und unverheiratete Paare mit Kindern in der mittleren und höheren Einkommensklasse könnten durch die Reform stärker belastet werden. Zudem wird ein jährlicher Steuerausfall von rund 600 Millionen Franken für die Staatskassen prognostiziert.
Widerstand und politische Debatte
SVP und die Mitte-Partei lehnen die Individualbesteuerung ab und sprechen von einem «Bürokratiemonster». Das Umstellen des kompletten Steuersystems sei teuer, aufwändig und unnötig. Künftig müssten rund 1.7 Millionen Menschen mehr eine Steuererklärung ausfüllen in der Schweiz.
Die Mitte-Partei hat 2024 ihre eigene «Fairness-Initiative» lanciert. Sie will an der gemeinsamen Besteuerung festhalten, aber die Heiratsstrafe durch Splitting oder Zweiverdiener-Abzüge beseitigen – ähnlich wie es viele Kantone bereits tun.
Bringt die Individualbesteuerung mehr Steuergerechtigkeit und hilft gegen den Fachkräftemangel? Oder würden damit neue Ungleichheiten und ein Bürokratiemonster geschaffen? Darüber diskutieren im Forum:
• Christa Markwalder, ehemals FDP-Nationalrätin und Vorstandsmitglied FDP-Frauen Schweiz
• Marianne Binder-Keller, Ständerätin Die Mitte, Kanton Aargau
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56:56
Geistige Beeinträchtigung – und trotzdem wählen und abstimmen?
In einzelnen Kantonen dürfen Menschen mit geistiger Beeinträchtigung abstimmen. Auf Bundesebene nicht. Doch dies soll sich nun ändern.
Wer den Schweizer Pass hat und über 18 Jahr alt ist, darf abstimmen und wählen. Dies gilt nicht für Menschen, welche auf Grund einer geistigen Beeinträchtigung unter einer umfassenden Beistandschaft stehen. Sie werden von einem Beistand vertreten und sind vom Stimmrecht ausgeschlossen. Dies betrifft in der Schweiz rund 16'000 Personen.
Motion fordert politische Rechte
Die Regelung führt dazu, dass die Meinung der betroffenen Menschen mit Beeinträchtigungen nicht zählt. Dies widerspricht der UNO-Behindertenrechtskonvention, welche die Schweiz ratifiziert hat.
In Genf und Appenzell-Innerrhoden dürfen Menschen mit geistiger Beeinträchtigung bereits wählen und abstimmen. In den Kantonen Zürich, Zug, Neuenburg und Solothurn sind ähnliche Vorstösse am Laufen. Eine Motion vom Berner EVP-Nationalrat Marc Jost, fordert auf Bundesebene umfassende politische Rechte für Menschen mit geistiger Beeinträchtigung.
Missbrauchspotential?
Von bürgerlicher Seite wird das Stimm- und Wahlrecht für Personen mit geistiger Beeinträchtigung abgelehnt. Es bestehe ein Missbrauchspotential, weil Beistände die Wahlrechte ihrer Schützlinge übernehmen könnten. Zudem sei es nicht vertretbar, dass nicht mündige und nicht handlungsfähige Personen in ein politisches Amt gewählt werden könnten.
Sollen Menschen mit geistiger Beeinträchtigung auf Bundesebene abstimmen und wählen dürfen oder nicht? Darüber diskutieren im Forum:
· Marc Jost, EVP-Nationalrat BE
· Jan Habeggger, Stv. Geschäftsführer insieme
· Dominic Frei, Co-Präsident Schweizerischer Verband der Berufsbeistandspersonen (telefonisch zugeschaltet)
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56:20
Gentechnik: Soll die Schweiz neue Züchtungstechnologien zulassen?
Mit einem speziellen Gentechnik-Gesetz will der Bundesrat neue Züchtungstechnologien zulassen. Notwendige Innovation oder Gefahr für Mensch und Umwelt?
2005 wurde an der Urne das Gentech-Moratorium angenommen. Seither ist in der Schweiz der Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen faktisch verboten. Ausnahmen gibt es nur unter strengen Bedingungen für die Forschung.
2021 hat das Parlament das Moratorium ein viertes Mal bis Ende 2025 verlängert und gleichzeitig dem Bundesrat den Auftrag erteilt, den Gentech-Markt zu liberalisieren.
Neues Gentech-Gesetz
Anfangs April hat Bundesrat Albert Rösti einen Entwurf für eine neues Gentechnik-Gesetz (Züchtungstechnologiengesetz) präsentiert. Er will ein risikobasiertes Zulassungsverfahren für Pflanzen aus neuen Züchtungstechnologien in der Schweiz zulassen.
Unter "neuen Züchtungstechnologien" ist im Prinzip das "CRISPR-Verfahren" bzw. die "Gen-Schere" gemeint. Dabei wird das Erbmaterial von Pflanzen an bestimmen Stellen gezielt verändert, ohne dass fremdes Erbmaterial eingebaut wird. Die neue Technologie unterscheidet sich damit wesentlich von klassischen Gentechnik-Verfahren, welche bei Pflanzen durch Bestrahlung oder Chemikalien zufällige Mutationen erzeugen.
Pro/Contra
Die Schweizer Allianz Gentechfrei und weitere Organisationen sind gegen eine Liberalisierung des Gentech-Marktes. Sie haben im Gegenzug die sogenannte "Lebensmittelschutz-Initiative" lanciert. Diese fordert u.a. eine Deklarationspflicht für gentechnisch veränderte Lebensmittel. Zudem dürften diese nur zugelassen werden, wenn Risiken für Mensch, Tier und Umwelt geprüft wurden.
Der Verein "Sorten für Morgen", Bauern und die Agrarindustrie kämpfen für eine möglichst freie Nutzung der Gentechnik. Mit der neuen Technik lasse sich die Züchtung beschleunigen. Damit könne man auf Klimawandel, Schädlinge und Krankheiten besser reagieren und Ernteausfälle reduzieren. Auch der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln könnte verringert werden.
Diskussion
Sollen in der Schweiz neue Züchtungstechnologien und damit auch gentechnisch veränderte Pflanzen zugelassen werden? Wie gross ist der Nutzen? Und wäre der Schutz von Mensch und Umwelt gewährleistet? Darüber diskutieren im Forum:
· Dr. Christian Ochsenbein, Geschäftsführer Delley Samen und Pflanzen AG / Vorstandsmitglied «Sorten für Morgen»
· Claudia Vaderna, Geschäftsführerin der Schweizer Allianz Gentechfrei
Die Sendung wird auch Live im Fernsehen auf SRF 1 übertragen.
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57:06
Steuersenkungen für Firmen – ein Gewinn für alle?
Der Kanton Zürich will die Gewinnsteuern für Unternehmen senken. Laut Kantonsregierung würde auch die Bevölkerung davon profitieren. Doch stimmt das?
Am 18. Mai entscheidet die Stimmbevölkerung im Kanton Zürich über eine Senkung der Gewinnsteuern für Firmen. Die Steuersenkung soll Zürich als Wirtschaftsstandort attraktiver machen, weil in den vergangenen Jahren zahlreiche Firmen aus dem Kanton weggezogen sind.
Dabei stellt sich die Frage: Kommen tiefere Unternehmensgewinnsteuern am Ende auch der Bevölkerung zugute? Für die Befürworter ist der Fall klar: Die Steuersenkung lohnt sich nicht nur für die Firmen, sondern auch für die Allgemeinheit: Dank tieferer Steuersätze kämen neue Firmen in den Kanton Zürich.
Die linken Parteien befürchten hingegen Steuerausfälle in Millionenhöhe, die am Ende die Bevölkerung bezahle. Bereits heute müsse der Kanton neue Schulden machen und Investitionen aufschieben.
Was stimmt nun: Profitieren nur Grossbetriebe oder nützen die Steuersenkungen am Ende allen? Darüber debattieren im «Forum»:
• Tobias Weidmann, Fraktionspräsident der SVP im Zürcher Kantonsrat. Er kämpft für die Steuervorlage.
• Selma L’Orange Seigo, Präsidentin der Grünen des Kantons Zürich. Sie bekämpft die Steuersenkung.
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56:17
Trumps Zollhammer – und wir? Nachgeben, kontern oder verbünden?
Die USA drehen an der Zollschraube. Alleingang oder Schulterschluss mit Europa oder China? Was ist klug für die Schweiz?
Trumps Zollhammer trifft die Schweiz – wie reagieren wir?
Donald Trump hat es erneut getan: Am symbolträchtigen „Tag der Befreiung“ kündigt er ein ganzes Paket neuer Importzölle an – darunter auch für Produkte aus der Schweiz. Ab dem 9. April erhebt die US-Regierung 31 Prozent Strafzoll auf alle Schweizer Waren. Davon betroffen ist auch ein Exportschlager wie Käse.
Für Schweizer Unternehmen, die stark auf den US-Markt angewiesen sind, ist das ein harter Schlag. Die Märkte reagieren nervös, die Börsen weltweit geraten ins Wanken. Die USA bleiben dennoch der wichtigste Exportland für die Schweiz.
Wie reagieren? Nachgeben, zurückschlagen oder uns neu verbünden?
Im FORUM diskutieren Gäste mit Hörerinnen und Hörern:
• Pro Dialog mit den USA: Jan Atteslander, Bereichsleiter Aussenwirtschaft und Mitglied der Geschäftsleitung von Economiesuisse
• Für eine strategische Allianz mit Europa: Jon Pult, Nationalrat SP und Vize-Präsident der SP Schweiz
Moderation: Sandra Schiess
Redaktion: Sandra Schiess / Online: Anian Sprecher
Im «Forum» diskutieren Fachleute mit Hörerinnen und Hörern brennende aktuelle Themen aus Gesellschaft, Politik, Wirtschaft, Kultur oder Sport. Das «Forum» ist live.
Der Hörer- und Usereinbezug ist das Markenzeichen der Sendung «Forum». Die Hörerinnen und Hörer sind entweder live im Studio oder aber sie beteiligen sich per Telefon oder an der Online-Diskussion auf srf1.ch.